Network
Sidney Lumet (1924-2011) wusste, wie Fernsehen funktioniert, bekam er doch durch seinen Freund Yul Brynner 1950 eine Stellung bei der CBS als Regieassistent und arbeitete dort später als Fernsehregisseur für Serien wie „Danger“, „You Are There“ und „Star Stage“, bis er 1957 mit dem Justiz-Drama „Die zwölf Geschworenen“ ein brillantes Kinodebüt ablieferte. Danach blieb Lumet überraschenderweise dem Fernsehen drei weitere Jahre treu. Und auch in seinem 1976 entstandenen, hochkarätig besetzten Meisterwerk „Network“ dreht sich alles um das Fernsehen und die Gesetzmäßigkeiten seiner Produktion.
Inhalt:
Howard Beale (Peter Finch), langjähriger Nachrichtensprecher des Senders Union Broadcasting System (UBS), erfährt, dass er wegen Restrukturierungsmaßnahmen entlassen werden soll. Schließlich hat er nach dem Tod seiner Frau nicht mehr die Kraft aufbringen können, um weiterhin gute Einschaltquoten zu erzielen, und das in der ohnehin hochdefizitären Nachrichtenabteilung des Senders. Nachdem ihm sein Freund und Nachrichtenchef Max Schumacher (William Holden) die Nachricht bei einigen Drinks möglichst schonend beizubringen versuchte, kündigt Beale in seiner nächsten Sendung vor laufender Kamera an, dass er in seiner nächsten – und letzten – Sendung Suizid begehen werde, was große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit nach sich zieht.
Die Sendeverantwortlichen sind sich zunächst unsicher, ob sie Beale sofort vor die Tür setzen sollen, um weiteren Schaden von UBS abzuwenden, doch nach Beales Einlenken gewähren sie ihm einen würdevollen Abgang. Wie versprochen nimmt sich Beale in der Sendung nicht das Leben, schimpft aber in deutlichen Worten auf seinen Arbeitgeber und den gegenwärtigen Zustand der Welt. Wieder ist das Medienecho enorm.
Diana Christensen (Faye Dunaway), die neue, sehr ehrgeizige Programmchefin, kann den Chef von UBS, Frank Hackett (Robert Duvall), überreden, Beale einen Sendeplatz zu geben, auf dem er seinen Tiraden freien Lauf lassen kann. Das Konzept hat Erfolg, Beale wird schnell zum Publikumsliebling, Hackett entlässt statt Beale nun Schumacher, der wiederum eine Affäre mit Christensen beginnt und seine Frau verlässt.
Beales Show, in der er als zorniger Fernseh-Prophet auftritt, erreicht zunehmend mehr Menschen, die in ihm einen Katalysator ihres Frusts über die gesellschaftlichen Zustände finden. Schließlich ruft Beale sein Publikum auf, die Übernahme des Medienkonzerns CCA, des Eigentümers von UBS, durch eine arabische Investorengruppe zu verhindern und Telegramme an das Weiße Haus zu schicken. CCA-Chef Arthur Jensen (Ned Beatty) bestellt Beale zu sich und eröffnet ihm seine Philosophie des globalen Kapitalismus, die Beale fortan in seiner Sendung verkünden soll.
Beale, der meint, er habe „das Antlitz Gottes gesehen“, willigt ein. Als Folge seines Gesinnungswandels sinken die Einschaltquoten, was die Hackett und Christensen zu einer drastischen, aber medienwirksamen Entscheidung führt…
Kritik:
Sidney Lumets Mediensatire wurde nicht von ungefähr mit vier Oscars (Peter Finch als Bester Hauptdarsteller, Faye Dunaway als Beste Hauptdarstellerin, Paddy Chayefsky für das Beste Originaldrehbuch und Beatrice Straight als Beste Nebendarstellerin) ausgezeichnet und mit weiteren Nominierungen (William Holden als Bester Hauptdarsteller, Ned Beatty als Bester Nebendarsteller sowie in den Kategorien Beste Kamera, Beste Regie, Bester Schnitt und Bester Film) bedacht.
Lumet hat das bissige Drehbuch von Paddy Chayefsky nicht nur mit einem bis in die Nebenrolle grandios aufspielenden Ensemble inszeniert, sondern auch die Wunde tief in die ganz auf Profit ausgerichteten Interessen des Privatfernsehens gelegt. „Network“ führt auf elegante wie überzeugende Weise vor, dass Fernsehen vor allem dazu gemacht wird, das Publikum dauerhaft zu fesseln, damit Werbeeinnahmen generiert werden, die den Sender finanzieren und vor allem die Taschen der Aktionäre füllen. Dafür ist den Verantwortlichen des Senders wirklich jedes Mittel recht. Depressionen und andere menschliche Schwächen werden skrupellos ausgenutzt, wenn es denn die Einschaltquoten erhöht.
Und was ist besser, als das Ganze noch mit Mord und Attentaten zu würzen?
„Network“ zeigt auch noch in der heutigen Zeit auf, wie Fernsehen funktioniert, nach welchen Prinzipien vor allem privatwirtschaftlich finanziertes und damit auch gelenktes Fernsehen produziert wird. Da kann einem das Lachen bei einigen überzogen wirkenden Szenen schon mal vergehen…
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