Ronin

Regisseur John Frankenheimer (1930-2002) hat schon zu Beginn seiner Kinokarriere in den 1960ern vor allem mit Burt Lancaster in der Hauptrolle kleine Klassiker wie „Die jungen Wilden“ (1961), „Der Gefangene von Alcatraz“ (1962), „Der Zug“ (1964) und „Der Mann, der zweimal lebte“ (1966) inszeniert, bevor er im Mittelmaß zu versinken drohte. Doch mit dem Action-Thriller „Ronin“ meldete sich der Altmeister 1998 eindrucksvoll zurück. 

Inhalt: 

In einem kleinen Café mitten im Pariser Viertel Montmartre trifft sich eine Gruppe Söldner, die im Namen einer bislang unbekannten Gruppe eine Operation durchführen sollen, bei der es um die Beschaffung eines Aktenkoffers geht. Die undurchsichtige Deirdre (Natasha McElhone) tritt als Vermittlerin für einen unbekannten Auftraggeber auf und versorgt die bunt zusammengewürfelte Truppe nur mit den nötigsten Informationen. Vor allem der US-Amerikaner Sam (Robert De Niro) fragt aber immer wieder nach und entwickelt sich zum skeptischen Oberstrategen, während der ortskundige Franzose Vincent (Jean Reno) für die Beschaffung notwendiger Materialien zuständig ist, der Engländer Spence (Sean Bean) für die Waffen Larry (Skipp Sudduth) für den speziell präparierten Fluchtwagen und Gregor (Stellan Skarsgård) für die Technik. 
Während der Vorbereitungen gelingt es Sam, nicht nur zu Vincent eine Vertrauensbasis herzustellen, auch Deidre weicht bald nicht mehr von Sams Seite, vor allem als sie im Hotel, in dem die Gruppe, die momentan im Besitz des Koffers ist, abgestiegen ist, ein Touristen-Ehepaar mimen und sich ein genaues Bild von den Männern machen, denen sie den Koffer abnehmen sollen, hinter dem auch eine russische Organisation, die IRA und andere Gruppierungen her sind. 
Doch trotz genauer Vorbereitungen erweisen sich Sams Bedenken als nicht ganz grundlos, denn als die fünf Männer und Deirdre an einem Quai an der Seine von Waffenhändlern modernes Gerät übernehmen sollen, kann Sam gerade noch entdecken, dass sie in einen Hinterhalt gelockt wurden. Zwar kann die Truppe fliehen, doch Sam lässt anschließend Spence ausmustern, weil er zu ängstlich für so eine Art von Einsatz ist. In Nizza können Sam & Co. nach einer wilden Verfolgungsjagd den Koffer an sich bringen, doch diesmal tappen sie in eine Falle, aus der sie sich nicht so leicht befreien können… 

Kritik: 

Der Titel von John Frankenheimers Action-Thriller bezieht sich auf herrenlose japanische Samurais während der Feudalzeit von 1185 bis 1868. Ein Samurai konnte herrenlos werden, wenn sein Herr starb, vom Shōgunat seines Amtes enthoben wurde oder wenn er bei seinem Herrn in Ungnade fiel und verstoßen wurde. Über den japanischen Kulturkreis hinaus sind jene 47 Ronin weltbekannt geworden, die ihre Treuepflicht im rituellen Massen-Selbstmord zum Ausdruck brachten. Bei Frankenheimer sind es nur mehr als eine Handvoll Spezialisten unbekannter Herkunft, die sich für einen heiklen, aber lukrativen Auftrag zusammengefunden haben. Die Skepsis untereinander ist groß. Schließlich kennt man sich nicht, und es geht nicht nur um viel Geld, sondern auch um Leben und Tod. Der Koffer mit seinem geheimnisumwitterten Inhalt wird bald zur Nebensache, fast wie ein berühmter MacGuffin in Hitchcocks Filmen. Hier geht es vor allem um das Verhalten der Protagonisten untereinander, um Vertrauen und Verrat, aber Frankenheimer verpackt das Ganze in einen temporeichen Action-Thriller mit grandiosen Autoverfolgungsjagden und spannend inszenierten (Aufeinander-)Treffen von Deidres Truppe mit den jeweiligen Besitzern des Koffers. 
Das ist ganz im Stil klassischer Kriminalfilme von Jean-Pierre Melville („Der eiskalte Engel“, „Vier im roten Kreis“) inszeniert. Die relativ simple, manchmal auch unlogische Story gerät dabei zunehmend in den Hintergrund und treibt nur die eindrucksvoll altmodisch inszenierte Action an. 
In dieser Hinsicht ist „Ronin“ großartig anzuschauen, aber auch die Darsteller rund um die Schwergewichte Robert De Niro und Jean Reno machen „Ronin“ zu einem sehenswerten und kurzweiligen Thriller. 

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