The Five Obstructions

Bereits mit „Epidemic“ (1987), dem zweiten Teil seiner „Europa“-Trilogie, gewährte Lars von Trier seinem Publikum Einblicke in seine Art des Filmemachens. Mit dem Dokumentarfilm-Experiment „The Five Obstructions“ (2003) setzte der dänische Filmemacher nicht nur seinem geschätzten Freund und Kollegen Jørgen Leth ein Denkmal, sondern demonstriert auch den spielerischen Umgang mit dem Medium Film. 

Inhalt: 

Als Fan von Jørgen Leths 1967 entstandenen, 12-minütigen Kurzfilm „Der perfekte Mensch“ bittet Lars von Trier seinen Freund, diesen Film fünfmal neu zu drehen, und zwar unter den jeweiligen Bedingungen, die ihm von Trier mit auf den Weg gibt. Für die erste Neufassung muss sich Leth an einen Ort begeben, an dem er noch nie gewesen ist, es müssen natürliche Umgebungen genutzt und die im Originalfilm gestellten Fragen beantwortet werden, und keine Einstellung darf mehr als 12 Bilder enthalten. 
In dem Originalfilm werden vor weißem Hintergrund in einem endlos wirkenden Raum ein Mann (Claus Nissen) und eine Frau (Majken Algren Nielsen) als „perfekte Menschen“ präsentiert, die dabei gezeigt werden, wie sie abwechselnd rauchen, essen, sich rasieren und ausziehen, tanzen und springen, wobei die Kamera immer wieder auf einzelne Körperteile zoomt und der Kommentator reglos die Tätigkeiten beschreibt und Fragen stellt wie „Who is he? What can he do?“, ohne sie aber zu beantworten. 
Leth begibt sich mit seinem Kameramann nach Kuba, sucht einen männlichen Darsteller und eine weibliche Figur, die er ähnliche Bewegungen machen lässt wie in seinem Originalfilm. Lars von Trier ist mehr als angetan von dem Ergebnis und erhöht bei der zweiten Herausforderung die Messlatte. Diesmal soll sich Leth an den schlimmsten Ort begeben, den er sich vorstellen kann, doch darf dieser nicht in dem fertigen Film sichtbar werden. Leth dreht in Mumbai auf einer belebten Straße, wo er selbst ein üppiges Mahl verspeist, und verwendet einen halbtransparenten Hintergrund, womit er nach von Triers Meinung allerdings das Ziel verfehlt hat. Als Strafe soll Leth seinen nächsten Film ohne jede Bedingung realisieren, was dieser als besonders schwierig empfindet. Er entschließt sich, in Brüssel mit einem französischen Schauspieler und einer Edelhure einen Film mit Werbeästhetik zu drehen. 
Der vierte Film soll dann in einem Medium umgesetzt werden, das sowohl von Trier als auch Leth zutiefst verabscheuen, als Cartoon. Den fünften Film hat von Trier aus Schnipseln des bisher abgedrehten Dokumentationsmaterials selbst zusammengestellt. Leth muss sich lediglich einverstanden erklären, im Vorspann als Regisseur genannt zu werden, und einen von Lars von Trier verfassten Text für die Tonspur vorlesen, den er als seinen eigenen ausgibt. 

Kritik: 

Mit seinem ungewöhnlichen Projekt „The Five Obstructions“ wollte Dogma-Mitbegründer Lars von Trier seinen ehemaligen Lehrer Leth aus der Reserve locken, ihm neue Vorgehensweisen aufzwingen und in einer Art Therapie die Perfektion des ursprünglichen Films vernichten lassen. Doch Leth ist nicht nur clever genug, die vermeintlichen Hindernisse als Herausforderungen an die eigenen künstlerischen Fähigkeiten zu begreifen; er nimmt die jeweiligen Aufgaben sehr ernst und versteht es, jeweils außergewöhnliche Ergebnisse zu erzielen, die der Meisterschaft des Originals in nichts nachstehen. 
Vor allem die auf Kuba realisierte Farbversion von „The Perfect Human“ und die Cartoon-Version überraschen mit frischen Einfällen und demonstrieren, dass Leth ein Meister seines Fachs ist. 
Ebenso spannend wie die Umsetzung der herausfordernden Aufgaben sind aber die Diskussionen zwischen von Trier und Leth, wenn sie über bestimmte Aspekte des Filmemachens diskutieren und von Trier immer wieder vergeblich versucht, Leth aus der Reserve zu locken und ihn zum Scheitern zu bringen. 

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